Schreib einen Psalm!

Dieser Artikel stammt aus dem Aufwind 3 / 2020. Unser Freundesbrief „Aufwind“ kann hier kostenlos und unverbindlich bestellt werden.

Geben macht reich, Empfangen demütig und Danken glücklich.

Der Segen der Dankbarkeit von Jürgen Werth, Bautzen

Geben macht reich

Meine Frau und ich sind leidenschaftliche Gärtner. Von dem, was wir aussäen, leben nicht nur wir. Im vorigen Jahr ernteten wir ungefähr 100 kg Zucchini und 25 kg Mini-KiWis. Wir freuen uns daran, wie viele Leute man damit glücklich machen kann. Wer gibt, der empfängt. Und wer festhält, hat keine Hand frei.

Vom Geben wird man reich.

Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben

(Lk 6,38).

Und es ist nicht die Frage, ob ich viel oder wenig gebe, sondern ob ich es von Herzen tue.

Empfangen macht demütig

Das ist so eine Sache. Normalerweise wollen wir, wenn wir gesund sind, arbeiten und dafür unseren Lohn bekommen. Und das ist völlig legitim. Aber was ist, wenn wir krank werden, ins Krankenhaus kommen? Oder wenn das eintritt, was auf uns alle zukommt – das Älterwerden. Wenn wir plötzlich in der Lage sind, Hilfe annehmen zu müssen?

Das, was Gott schenkt und was er uns zumisst, das lässt uns demütig werden. Denn wir haben es nicht verdient. Weder Gnade noch Vergebung – nichts davon haben wir verdient. Aber Gott hat es uns geschenkt. Das macht demütig.

Demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit, indem ihr alle eure Sorge auf ihn werft; denn er ist besorgt für euch

(1Petr 5,6f).

Indem wir aufhören, uns zu sorgen, demütigen wir uns unter die Hand Gottes. Was für eine Aussage! Hör auf, dich zu sorgen, überlass es Gott! Wenn wir das tun, dann können wir uns nicht hinstellen und sagen: Das war ich und meine Kraft. Sondern dann ist klar: Gott hat es in unserem Leben bewirkt. Er hat es verändert oder uns die Kraft gegeben.

Danken macht glücklich

Dankbarkeit birgt ein Geheimnis, denn Danken verändert – und zwar den, der dankt. Forschungsergebnisse zeigen folgendes: Dankbare Menschen leben besser, länger und gesünder. Sie sind glücklicher, weniger depressiv, leiden weniger unter Stress, sind zufriedener mit ihrem Leben und ihren sozialen Beziehungen. Dankbare Leute schlafen besser. Wollen wir Menschen sein, in deren Gegenwart sich andere wohlfühlen? Dann lasst uns dankbar werden!

Dankbarkeit hat nichts damit zu tun, ob man viel oder wenig besitzt. Durch unsere Dienste in Osteuropa haben wir seit Jahren Kontakt zu Rosina und Thomas Depner in Rumänien. Rosina ist leider im letzten Jahr verstorben. Zu ihnen konnten wir tonnenweise Hilfsgüter bringen und sie verteilten sie dann weiter. Beide lebten sehr einfach. Wenn ich sie anrief und fragte, wie es ihnen geht, dann sagten sie immer: „Weißt du, Jürgen, es geht uns gut genug, den Herrn zu preisen.“ Sie sind für mich Vorbilder in Sachen Dankbarkeit.

Wem sollen wir eigentlich danken, dem Schicksal, dem Universum, uns selbst? – Danken hat erst dann einen Sinn, wenn ich einen Adressaten habe, dem ich Danke sagen kann. Für uns Christen ist es klar: In dem, was wir sind und haben, erkennen wir Gottes schenkende Hand. Danken heißt für mich: Was ich erlebe und was ich genießen darf, das kann ich mit Gott in Beziehung bringen. Er gibt mir Kraft, Zeit, Gaben und Fähigkeiten. Er vertraut mir das alles an und dafür will ich ihm danken.

Was bremst Dankbarkeit aus?

Gewöhnung. Erst wolltest du, dann hast du, dann willst du mehr. Wilhelm Busch schrieb einmal: „Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge.“

Eine Tochter sagt zu ihrer Mutter: „Du, ich hab einen Freund. Der ist total lieb. Er kauft mir immer wieder Blumen, führt mich zum Essen aus und macht mir Geschenke. Wie kann ich ihm beibringen, dass er nicht mehr so viel Geld für mich ausgibt?“ Die Mutter sagt: „Heirate ihn!“

Das mag lustig klingen, aber eigentlich ist es nicht zum Lachen. Wir Männer nehmen vieles in der Ehe als selbstverständlich.

Aber das gibt es auch in der Beziehung zu Gott – wie schnell haben wir uns an seine Gnade gewöhnt, an Vergebung, an seinen Segen? Das war schon so, als Gott seinem Volk ausrichten ließ:

Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den Herrn, deinen Gott, vergisst

(5Mo 8,12ff).

Es steckt in uns drin, dass wir uns so schnell an das Gute gewöhnen. Und es ist nicht so, dass wir es nicht genießen sollten. Wir dürfen alles Gute dankbar empfangen, aber dabei immer im Herzen behalten: Es ist von Gott geschenkt.

Vergleichen. Dabei enden wir immer im Minus, so oder so. Entweder ich vergleiche mich mit jemandem, der mehr hat oder mehr kann als ich. Dann werde ich unzufrieden. Oder ich halte mich für den Größten, weil mir alles gelingt und weil ich einfach besser bin als die anderen. Dann habe ich ein Problem mit Gott. Warum? Weil Gott den Hochmütigen widersteht (1Petr 5,5). Im Urtext steht dort: „Gott rüstet sich zum Kampf.“ Das klingt noch mal ganz anders. Wenn sich Hochmut in unserem Herzen breitmacht, laufen wir Gefahr, dass Gott sich zum Kampf rüstet. Gegen uns. Zum Glück geht der Vers weiter: „… aber dem Demütigen gibt er Gnade.”

Egoismus. Es gab mal diese Armbänder mit der Aufschrift W.W.J.D. – What would Jesus do? (Was würde Jesus tun?) Die meisten Menschen sind heute mit unsichtbaren Armbändern unterwegs, auf denen steht: W.S.F.M.D.H. – Was springt für mich dabei heraus? Viele tragen ein solches Band um ihr Herz, auch in unseren Gemeinden. Konsumdenken, ständig hinterherrennen, haben wollen was andere auch haben. Jemand sagte mal sinngemäß: „Menschen geben Geld aus, das sie nicht haben, um Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen, um Leute zu beeindrucken, die sie nicht mögen.“ Wir sollten diese Art von Bändern gar nicht erst anlegen, sondern bei dem anderen bleiben: Was würde Jesus tun?

Was fördert Dankbarkeit?

Man kann sie tatsächlich lernen. Danken hängt sehr viel mit Denken zusammen. Vor unserer Wohnung wurde vor ein paar Jahren die Straße saniert. Ein halbes Jahr lang kamen wir nicht in unsere Garage, sondern mussten das Auto ein paar Straßen weiter parken. Das hieß: Sämtliche Einkäufe durch die Gegend tragen. Das waren wir nicht gewöhnt. Was nun? Ich hatte zwei Möglichkeiten: Entweder ich rege mich jeden Tag darüber auf, dass sie so lange brauchen und ich so weit laufen muss … oder aber ich kann mich daran freuen.

Es ist tatsächlich eine Frage der Entscheidung. Ich habe mich für das zweite entschieden. Warum? Weil dort Menschen Arbeit haben. Sie gehen abends nach Hause, haben etwas geschafft und können ihre Familien versorgen. Und unsere Straße sieht hinterher viel schöner aus.

Es gibt sicherlich viele Gründe, dankbar zu sein. Am wichtigsten ist mir die Beziehung zu Gott. Nehmen wir es nicht als selbstverständlich, dass Jesus in unserem Leben ist! Ich habe das Leben ohne ihn kennengelernt. Ich kenne beide Seiten. Und es ist so ein Vorrecht, mit Gott zu leben. Wenn ich am Montagmorgen zur Arbeit gehe und den Bautzener Postplatz überquere, sitzen dort manchmal junge Kerle mit Bierflaschen auf den Bänken. Früher, zu einer anderen Zeit, hätte ich dort auch gesessen. Die Resignation dieser jungen Leute springt mich förmlich an. Dann denke ich: Ich bin dankbar für den Glauben. Ich darf Jesus kennen, wir haben eine Gemeinde, kennen viele Geschwister, die für uns beten. Gemeinde bedeutet, Gemeinschaft zu haben, voneinander zu wissen, am Leben anderer teilzunehmen.

Zum Danken gehört Genügsamkeit. Paulus schreibt:

Ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie’s mir auch geht. Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut, beides sein, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden. Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht

(Phil 4,11ff).

Der letzte Satz wird oft aus dem Zusammenhang gerissen und auf Spruchkärtchen gedruckt. Wer das dann liest, denkt: Wer mit Gott lebt, dem ist nichts unmöglich. Aber das stimmt so nicht. Der Vers steht eindeutig in dem Zusammenhang, dass Paulus gelernt hat, mit vielem und mit wenig umzugehen. Und das muss man auch lernen: mit vielem umzugehen und dabei nicht stolz und hochmütig zu werden – wie auch mit wenig.

Die viel haben, sind nicht automatisch die Glücklichen. Aber die Dankbaren sind es. Es fängt bei den kleinen Dingen an. Such dir mal ein paar Punkte und fang an, Gott dafür konsequent zu danken! Für dein Leben, dass du versorgt bist, für den Nachbarn, deine Arbeit, die Schöpfung … Es gibt so viele Gründe, sich immer wieder daran zu erinnern: Gott hat das alles in unser Leben gebracht.

Dankbarkeit, auch wenn es mir nicht gut geht?

Ist das überhaupt möglich? Die Bibel fordert uns auf:

Seid dankbar in allen Dingen

(1Thess 5,18).

Das ist etwas anderes, als für alles dankbar zu sein. Ich kann nicht für alles dankbar sein. Nicht für den Verlust der Arbeit, eine Krebsdiagnose oder den Tod eines lieben Angehörigen, alles das.

Wenn wir das Beispiel von Josef sehen: Von seinen Brüdern verraten und verkauft, kam er in Ägypten unschuldig ins Gefängnis. Er hatte Grund genug zum Klagen. Aber am Ende bekannte er, dass Gott mit all diesen Schwierigkeiten etwas vorbereitet hat, um ihn selbst und später seine Familie zu segnen. „Ihr zwar, ihr hattet Böses gegen mich beabsichtigt“, sagte er zu seinen Brüdern,

Gott aber hatte beabsichtigt, es zum Guten zu wenden

(1Mo 50,20).

David, der Hirte, Musiker, Dichter, Heerführer, König – was hat dieser Mann alles an Höhen und Tiefen erlebt. Er wurde verfolgt, war in Todesgefahr. Wir lesen in der Bibel viele Klagepsalmen. Bis dahin, dass er schreit:

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen

(Ps 22).

Gott will die Ehrlichkeit unseres Herzens. Wenn dir zum Klagen ist, dann schreib einen Psalm! Bei einem Klagepsalm mehr oder weniger fällt Gott nicht aus dem Himmel.

Von David gibt es auch die anderen Psalmen.

Ich will den Herrn loben allezeit

(Ps 34).

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat

(Ps 103).

Oder den 42., in dem ein anderer Psalmsänger betet:

„Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott.“

(PS 42).

Das klingt sehr poetisch. Eigentlich sagt der Beter hier zu seiner Seele: Beschwere dich nicht dauernd, sondern steh auf und lobe Gott! Das sagt er zu sich selbst, zu seiner Seele. Wir dürfen zu unserer Seele sagen: Steh auf! Entscheide dich für Dankbarkeit!

Fazit

Die glücklichsten Menschen sind nicht die, die das Meiste besitzen, sondern die, die am meisten danken können. Dazu möchte ich einladen: zur Dankbarkeit zu Gott hin.

Dankbarkeit ehrt Gott und verändert unsere Herzen zum Guten. Denn Geben macht reich: Wenn wir Gott unseren Dank geben, macht er uns innerlich reich.

Jürgen Werth ist Mitarbeiter im Offenen sozial-christlichen Hilfswerk und lebt in Bautzen. Er ist verheiratet mit Conny.

Bibelzitate: Luther- bzw. Elberfelder-Übersetzung

Der Text ist die bearbeitete Fassung einer Predigt.