Schon in den frühen achtziger Jahren hatten wir im Verlauf einer Kirchenwoche einen Abend dem Thema „Israel“ gewidmet. Es war uns wichtig, uns mit Gottes Volk, seiner Berufung, seinem Weg und Gottes Heilsplan zu beschäftigen.
Durch die Wende und die Wiedervereinigung unseres Landes bekamen wir Kontakt mit Geschwistern, die sich intensiv um die Juden in Osteuropa bemühten. Wir erlebten, wie Gott auch uns einbezog, seinem Volk nahe zu sein, es zu trösten und Hindernisse auszuräumen gemäß Jesaja 57,14 „ Machet Bahn, machet Bahn! Bereitet den Weg, räumt die Anstöße aus dem Weg meines Volkes!“
Auf einer ersten Weissrußland-Ukraine-Reise im Oktober 1995 machte eine Mitarbeitergruppe der Kirchnwochenarbeit für zwei Tage Halt in Warschau und besuchte die „Begründerin der Olivenzweigarbeit“ Halina Ostik. Sie war damals 76 Jahre alt, körperlich sehr schwach, aber geistig und geistlich „up to date“. Zu diesem Zeitpunkt unternahm sie noch immer ausgedehnte Reisen nach Petersburg, Deutschland und England.
Selbst Nichtjüdin, wuchs sie im jüdischen Stadtviertel von Warschau auf, dem späteren Ghetto. Vor der einrückenden Roten Armee konnte sie nach Argentinien fliehen. Später kehrte sie nach Polen zurück, weil sie einen klaren Auftrag von Gott hatte, dem jüdischen Volk zu dienen.

Als sie zum ersten Mal die Warschauer Synagoge besuchte, fragte man sie, warum sie gekommen sei. Sie erzählte, daß sie tief in der Schuld der Juden stehe, weil sie durch sie die Heilige Schrift den Messias Israels kennengelernt habe. Sie liebe das jüdische Volk, und es gäbe viele Leute, die so denken wie sie. Darauf fragte sie der Synagogenvorsteher, wieso er in der Synagoge noch niemals Menschen getroffen habe, die so denken würden wie sie…
Von Warschau aus leitete Halina eine Gruppe von Mitarbeitern an, die den Juden im Osten praktisch und geistlich halfen. Sie erzählte uns, daß es eine große Offenheit für die Bibel, sowohl Thora als auch Evangelium, gab. Wie vielleicht zu keiner Zeit vorher, waren Juden dankbar, mit Christen über den Messias sprechen zu können.
Schwester Halina hat Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet. Sie sagte: „Wir Gläubigen aus den Nationen sind zuerst dazu berufen, die Juden zu trösten, gemäß Jes. 40,1. Unsere zweite Aufgabe ist es, den Juden die Hindernisse oder Anstöße aus dem Weg zu räumen. Das sind die Folgen der unbiblischen Enterbungslehre sowie der daraus folgende Antisemitismus durch die Jahrhunderte. (Jesaja.62,10)“. Und: „Bei meiner Berufung hat Gott mir gesagt, ich dürfe niemals Juden aus ihrem Volk herausholen. Ich soll zu ihnen gehen, denn Jesus ist der König der Juden.“
Viele Gesichtspunkte ihres Dienstes an und mit jüdischen Gläubigen waren für uns Neuland und wir profitierten von ihrem Leben und Dienst von dieser ersten Begegnung an. Tief beeindruckt verließen wir ihre Hinterhofwohnung, in der wir sie immer wieder besuchten.
Wir übernachteten nach diesem Besuch auf einer „Farm“ unweit von Warschau bei Mitarbeitern von Halina Ostik. Dieses Anwesen wurde noch vor der Wende unter schwierigen Ost-Bedingungen aufgebaut. Das Leiterehepaar, Gustaw und Maria Muszkiet kam aus der polnischen evangelischen Erneuerungsbewegung.

Die „Farm“, ein weitläufiges Haus und Gelände diente schon vor dem Zusammenfall der Sowjetunion vielen Juden bei ihrer Ausreise nach Israel, als es nicht möglich war, direkt aus der Sowjetunion nach Israel auszureisen, wohl aber über Polen.
Von Beginn an fanden dort vielfältige Freizeiten statt, Ferien mit der Bibel“. Zu denen werden Chri-sten und Juden aus Polen und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion eingeladen, zumeist Holocaust-Überlebende und deren Familien. Für Kinder gibt es spezielle Freizeiten.
Regelmäßig wurde auch zu Gebetskonferenzen eingeladen, zu denen Gläubige aus vielen Ländern zusammenkommen, Austausch haben, wie sie dem Volk Gottes dienen und für Israel im Gebet einstehen können.
Nach der Wende organisierten sich die Geschwister als Gemeinschaft „Olivenbaum“ (Wspolnota „Drzewo Oliwne“). Monatlich geben sie den Gebetsbrief „Saat und Ernte“ (auch in deutsch!) heraus mit täglichen Gebetshinweisen und den wöchentlichen Thoralesungen des jüdischen Volkes. Seit vielen Jahren werden Mitarbeiter nach den Ländern der ehemaligen Sowjetunion entsandt. Zum Einen, um Juden und jüdische Gemeinden zu besuchen, andererseits aber auch christliche Gemeinden aller Art, um ihnen die Bedeutung Israels nahezubringen.

Gott wird persönlich- ein Lebensbild von Halina Ostik